– ein Beitrag von Miriam Müller-Rensch
Der noch in den 1990er Jahren etablierte Begriff des „Rechtsextremismus“ wurde in der deutschen Debatte unter anderem mit der Anerkennung des sozialen Bewegungscharakters durch das Konzept der „extremen Rechten“ abgelöst, wobei das Verständnis rechtextremer Orientierungen und Einstellungen insbesondere in den Sicherheitsbehörden noch immer Gültigkeit hat.
Als „operationalisierbare Arbeitsdefinition“ präsentiert Stöss die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe. Rechtsextremismus seien mehrere „Einstellungsmuster, dessen verbindendes Kennzeichen Ungleichheitsvorstellungen darstellen, die sich im politischen Bereich in der Affinität zu autoritären oder gar diktatorischen Regierungsformen, chauvinistischen Einstellungen und einer Verharmlosung des Nationalsozialismus äußern und im Bereich durch antisemitische, <<fremdenfeindliche>> und sozialdarwinistische Einstellungen gekennzeichnet sind.“[ii] Als zentrale Einstellungsmuster nennt Stöss die „Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur“, „Chauvinismus“, „Ausländerfeindlichkeit“, „Antisemitismus“, „Sozialdarwinismus“ und „Verharmlosung des Nationalsozialismus“.
Jaschke hingegen stellt explizit den Bezug zur pluralen Demokratie und Menschenrechtsverpflichtung her: „Unter ‚Rechtsextremismus‘ verstehen wir die Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen, organisiert oder nicht, die von der rassisch oder ethnisch bedingten sozialen Ungleichheit der Menschen ausgehen, nach ethnischer Homogenität von Völkern verlangen und das Gleichheitsgebot der Menschenrechtsdeklaration ablehnen, die den Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum betonen, von der Unterordnung des Bürgers unter die Staatsräson ausgehen und die den Wertpluralismus einer liberalen Demokratie ablehnen und Demokratisierung rückgängig machen wollen.“[iii] Sein Begriffsverständnis erweist sich aktuell als besonders anschlussfähig an die internationale Debatte zur extremen Rechten als transnationale soziale Bewegung [iv] und Netzwerk.
Ein weiterer, zentraler Ansatz in der Debatte, der sich insbesondere im Praxiseld der Präventionsarbeit und Demokratieförderung etabliert hat, ist das Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeinlichkeit (GMF) einer Wissenschaftler*innengruppe um Wilhelm Heitmeyer.
[ii] Stöss, Richard (2010). Rechtsextremismus im Wandel, Friedrich-Ebert-Stiftung, S.57f, in: https://library.fes.de/pdf-files/do/08223.pdf (letzter Zugriff am 19.Juni 2025).
[iii] Jaschke, Hans-Gerd (Hg.): Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Begriffe, Positionen, Praxisfelder, Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden, 2001,S. 30.
[iv] Zur Verbindung der deutschen und internationalen Debatte der extremen Rechten als soziale Bewegung: Della Porta, Donatella/ Rucht, Dieter (1995): Social Movement Sectors in Context: A Comparison of Italy and West Germany, 1965–1990. In: Jenkins, J. Craig/Klandermans, Bert (Eds.): The Politics of Social Protest. Minneapolis: Minnesota University Press, S.229–272; Rucht, Dieter (2002): Rechtsradikalismus aus der Perspektive der Bewegungsforschung. In: Thomas Grumke und Bernd Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S.75–86.